FDP-Generalsekretärin Judith Skudelny gab Impulse für Baden-Württemberg

Landtagskandidaten stellten sich bei digitalem Neujahrsempfang der FDP Rhein-Neckar vor

Teilnehmer des Online-Neujahrsempfangs der FDP Rhein-Neckar (Foto: Ulrike von Eicke)

Der Neujahrsempfang der FDP Rhein-Neckar stand dieses Jahr ganz im Schatten von Corona und fand daher online statt. Dabei gab Generalsekretärin Judith Skudelny Impulse für das Land Baden-Württemberg. Und nach einem kurzen Jahresrückblick stellten sich die Landtagskandidaten mit ihren jeweiligen Themenschwerpunkten vor.

Prof. Dr. Thorsten Krings (Wahlkreis Wiesloch) kritisierte die Bildungs- und Hochschulpolitik des Landes scharf. Der Hochschulprofessor forderte eine moderne Bildungspolitik, in der mehr auf individuelle Neigungen und Talente eingegangen wird. Dazu sei eine gleichberechtigte Förderung aller Schularten notwendig. Vor allem aber fehle es an Digitalisierung in der Bildung. So berichteten ihm Studenten, dass zwar Online-Vorlesungen stattfänden, aber gerade im ländlichen Raum keine ausreichenden Internet-Verbindungen zur Verfügung stehen. Er setzte sich vor allem dafür ein, dass das Übergangsmanagement Schule-Beruf gestärkt wird und die Ausbildung wieder einen festen Platz in der Bildungspolitik erhalten muss.

Alexander Kohl (Wahlkreis Weinheim) ging besonders auf das Thema Digitalisierung ein. Er kritisierte, dass das Land sich vollkommen aus diesem Zukunftsthema zurückgezogen habe. Unternehmer seien teilweise gezwungen, selbst Glasfaserkabel zu verlegen, um schnelles Internet zu bekommen. Daher forderte Kohl die Einrichtung eines Digitalministeriums, das klar definiert, welchen Auftrag das Land hat, welche Strategie es verfolgt und wie dies in Zusammenarbeit mit Kreisen und Kommunen umzusetzen ist. Die Zukunftsfähigkeit der baden-württembergischen Wirtschaft hänge von ihrer Fähigkeit zur digitalen Transformation ab.

Michael Westram (Wahlkreis Sinsheim) ging besonders auf die Herausforderungen für den ländlichen Raum ein. Auch hier sei das Thema digitale Teilhabe ein wichtiger Diskussionsgegenstand. Vor allem aber würden immer mehr Aufgaben des Landes bei den Kommunen abgeladen. Dies führe im Bereich innere Sicherheit zu Defiziten. Nötig seien mehr qualifiziertes Personal und eine bessere Ausstattung für die Polizei. Diese brauche mehr Rückendeckung durch die Politik anstelle von noch schärferen Gesetzen, die dann noch schwieriger umzusetzen seien. Westram erklärte: „Wir sollten 200 zusätzliche Stellen bei der Landespolizei zur Bekämpfung der Cyberkriminalität schaffen, und wir wollen die Digitalisierung der Justiz vorantreiben.“

Holger Höfs (Wahlkreis Schwetzingen) stellte die Probleme des Mittelstands in der Corona-Krise dar und kritisierte den Zickzack-Kurs der Landesregierung. Der Mittelstand fühle sich allein gelassen, sagte der Unternehmer. Es müssen klare Regeln her, die eine schrittweise Rückkehr zur Normalität ermöglichen. Er plädierte unter anderem für strenge Hygienekonzepte, die gerade für Handel und Gastronomie wieder Perspektiven eröffnen.

Gastreferentin Judith Skudelny, Bundestagsabgeordnete, FDP-Landesgeneralsekretärin und Anwältin für Insolvenzrecht, zeichnete ein ernüchterndes Bild von der aktuellen Situation. Zwar sei das Insolvenzrecht reformiert worden, aber nicht in Hinblick auf Corona. Das ganze Verfahren sei viel zu langwierig und viel zu bürokratisch und führe eben nicht dazu, dass Unternehmer nach der Krise eine zweite Chance erhielten. Die FDP fordere hier ein wesentlich einfacheres und vor allem für die Unternehmer kostengünstigeres Verfahren. Auch sei das Prozedere bei den sogenannten Novemberhilfen viel zu aufwändig und verursache zunächst einmal Kosten und hohen Verwaltungsaufwand. Dies hätte man mit wesentlich weniger Aufwand durch ein Geltendmachen negativer Steuern bei den Finanzämtern erreichen können. Peinlich sei es, dass die Regierung Zusagen gemacht habe, Umsatzeinbußen auszugleichen, obwohl dies rechtlich gar nicht zulässig sei. Nach Intervention der EU habe man dann zurückrudern müssen und einige der vollmundig zugesagten Hilfen wieder zurücknehmen müssen. Das sei leider auch symptomatisch für den Umgang der Regierung mit der Corona-Krise: statt intelligenter und differenzierter Lösungen finde sich nur planloser Aktionismus. Insbesondere kritisierte sie, dass die Parlamente nur dort eingebunden seien, wo die FDP mitregiert.

Sie warnte besonders vor der pauschalen Aufhebung der Pflicht zum Anzeigen einer Insolvenz. Dies führe dazu, dass „Zombie-Unternehmen“ nicht vom Markt verschwänden und somit andere mit sich in die Pleite ziehen. Insbesondere kritisierte Skudelny die Staatshilfen von rund 450 Millionen für Galeria Karstadt-Kaufhof . „Das ist wie damals beim Baumarkt ‚Praktiker‘: ein marodes Unternehmen bedient sich vor der Insolvenz noch einmal aus der Staatskasse“, merkte der BWL-Professor und ehemalige Handelsmanager Thorsten Krings an. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Brandenburg berichtete, dass auch er die Aushebelung des Bundestags als sehr bedenklich wahrnehme. Es entstehe der Eindruck, dass Entscheidungen über die Einschränkung von Grundrechten in einem sehr kleinen Kreis getroffen würden. Nach einer angeregten Diskussion schloss Alexander Kohl die Veranstaltung mit einem Ausblick auf das Wahljahr 2021, in dem sowohl die Landtagswahlen in Baden-Württemberg anstehen als auch die Bundestagswahlen.