Biden wird viel bewegen –Thomas Queisser von den Democrats Abroad bei der FDP

Landtagskandidat Thorsten Krings: „Transatlantische Zusammenarbeit ist ein Garant für Stabilität“

Teilnehmer des Online-Talks „Wohin steuern die USA?“ (Foto: Thorsten Krings)

FDP-Landtagskandidat Prof. Dr. Thorsten Krings hatte Dr. Thomas Queisser von den Democrats Abroad, der Auslandsorganisation der US-Demokraten, zu einem Online-Talk eingeladen. Dabei ging es um die Erwartungen, die an Joe Biden im In- und im Ausland gestellt werden; und um die Zukunft der amerikanisch-deutschen Beziehungen. Gleich zu Beginn stellte Dr. Queisser klar, dass mit der Wahl Bidens keine Aufbruchstimmung oder gar eine programmatische Neuausrichtung seiner Partei verbunden sei. Biden sei ein Kompromisskandidat, dem man jedoch zutraue, die stark polarisierte Gesellschaft in den USA zu versöhnen. Biden selbst sei in der Vergangenheit weniger durch progressive Politik aufgefallen, sondern sei immer ein Mann der Mitte gewesen. Queisser merkte auch kritisch an, dass der neue Präsident in den frühen 70er Jahren bei Abstimmungen in Bezug auf Bürgerrechte eher konservativ abgestimmt hat. Er räumte auch mit dem Mythos auf, dass die Demokraten schon immer die politisch progressive Kraft in den USA gewesen seien. Tatsächlich waren bis weit in die 60er Jahre die Demokraten die Partei der Rassentrennung in den Südstaaten. Erst durch Kennedy kam die inhaltliche Neuausrichtung, und Johnson hatte gar befürchtet, dass seine Unterschrift unter die Bürgerrechtsgesetze die Partei zerstören würde. „Bei aller berechtigten Kritik an seiner Person hat Richard Nixon wahrscheinlich mehr für die Rechte Afroamerikaner getan als die meisten anderen Präsidenten. Historisch kann man ihn nicht einfach auf Watergate reduzieren.“ ergänzt Landtagskandidat und Historiker Krings.

Dr. Queisser zeichnete ein düsteres Bild von einer fragmentierten Gesellschaft in den USA, in der die politische Mitte zunehmend verloren geht. Bei den Demokraten gäbe es mit den sogenannten „Progressives“ zunehmend linke Kräfte, bei der Republikanern sei nur noch die kleine Gruppe um Mitt Romney der Mitte zuzuordnen. Biden habe sein Kabinett bewusst so aufgestellt, dass eine Polarisierung vermieden werden kann. Auf die Frage, ob man die Trump-Republikaner überhaupt noch argumentativ erreichen könne, meinte Queisser, dass die USA bedingt durch das Wahlrecht in einer Art permanentem Wahlkampf seien und viele Politiker taktieren, um die extrem rechten Wähler nicht zu verlieren. Letztlich zeige Trumps Erfolg, dass durch die Veränderungen bei den Demokraten in den 60er Jahren eine große Zahl von Bürgern ihre politische Heimat verloren haben. Inwiefern sich daraus eine gefährliche außerparlamentarische und gewaltbereite Opposition ergeben könnte, wollte Queisser nicht abschätzen. „Aber in den USA gibt es mehr Schusswaffen als Einwohner“, gab er zu bedenken.

In der Außenpolitik hingegen zeichnet sich sehr deutlich ab, dass Biden ein Multilateralist ist, der Trumps Isolationismus sicher nicht fortführen werde. Die Beziehungen zu Europa und auch zu Deutschland werden mit Sicherheit intensiviert. Queisser war auch optimistisch, was die Behebung der außenpolitischen Schäden der Trump-Zeit angeht. Biden sei durch seine lange politische Karriere auf der ganzen Welt hervorragend vernetzt. Lediglich die Beziehung zu China sah Queisser als schwierig an, und dieser Punkt könnte perspektivisch auch die Beziehungen zu Europa belasten.

Auf die Frage, ob Biden angesichts seines hohen Alters letztlich nur der Strohmann gewesen sei, um Kamala Harris in das Amt zu bringen, antwortete Queisser, dass er das nicht so sehe. Zum einen habe Biden sich schon seit geraumer Zeit auf die Präsidentschaft vorbereitet und habe schon im ersten Monat ein extrem hohes Tempo bei der Arbeit gezeigt. Man sehe auch, dass er zwar als Mensch eher zurückhaltend sei, als Politiker jedoch einen ausgeprägten Gestaltungswillen zeige. Andererseits sei es natürlich schwer, in diesem Alter gesundheitliche Prognosen zu erstellen, und Biden habe mit einem Aneurysma eine Vorerkrankung. Dennoch geht Queisser davon aus, dass Biden mit der Absicht angetreten ist, das Amt eine volle Periode auszufüllen, nicht zuletzt da dies ja nicht sein erster Versuch war, Präsident zu werden.

In seinen Dankesworten ging Landtagskandidat Krings darauf ein, dass Dr. Queisser nun schon seit einigen Jahrzehnten in Deutschland lebt und damit sowohl von innen wie auch von außen auf die aktuellen politischen Ereignisse in den USA schaut. „Ich glaube, Biden ist gut für Europa und für Deutschland. Gerade in schwierigen Zeiten ist die transatlantische Zusammenarbeit ein entscheidender Faktor für die globale Ordnung und Stabilität“, führte Krings aus.